Diktaturen – Eine haarige Angelegenheit

Kategorien: Benjamins Texte

Vor einiger Zeit habe ich mit meinen Freund und Fremdlesen-Kollegen Oliver Peters darüber geredet, was für lustige Spleene Diktatoren gelegentlich entwickeln, wenn sie an der Macht sind und ein ganzes Land nach ihrer Pfeife tanzt. Darunter waren: Ein Modelabel gründen und dann für die eigene Kollektion modeln (Kim Jong-il), eine Gruppe von gutaussehenden Frauen im Nahkampf ausbilden lassen und als Bodyguards einsetzten (Muammar al-Gaddafi) oder eine Box-WM ausrichten, zu der niemand eingeladen ist und sich dann selbst den Titel des Boxweltmeisters zu verleihen (Idi Amin Dada).

Solche verrückten Vorlieben und Hobbies, die man als Diktator einfach ausleben kann, weil es weder echte Wähler, noch unabhängige Presse, noch eine ernstzunehmende Opposition gibt, gehören zu den lustigen Seiten der Diktaturen und würden einem in einer Demokratie wahrscheinlich jeden Wahlsieg zunichtemachen. Bei uns gibt es zwar das Prinzip der Freiheit, aber es wird nicht genutzt. Unsere heimischen Politiker sind so seriös, angepasst und zugleich langweilig, dass man kaum weiß, wen man überhaupt von ihnen wählen soll. Jeder hat eine ähnliche Frisur, die Wahlprogramme unterscheiden sich nur in Nuancen und wenn einer minimal aus der Reihe tanzt, dann schreien alle nach seinem Rücktritt. Ein durchgeknallter Despot, der seine Hobbies und Ideen einfach umsetzt, wäre auch hierzulande sicher eine willkommene Abwechslung und würde dazu führen, dass sich mehr Menschen für Politik interessieren würden.

Deshalb habe ich darüber nachgedacht, was ich machen würde, wenn ich unverhofft an die Macht kommen würde: Ich würde eine Frisurenquote einführen. Jeder würde zufällig eine Frisur zugewiesen bekommen und könnte dann damit handeln. Zunächst würden alle versuchen, eine möglichst normale Frisur, wie wir sie bisher gewohnt sind, zu ergattern. Dies würde dazu führen, dass die Preise seteigen würden und die reiche Leute die langweiligen Frisuren hätten, die anderen Rastalocken, Afros, Haare bis zu den Knien, preußische Soldatenzöpfe, Mohikanerfrisuren, Halbglatzen, Zöpfe wie die von Prinzessin Leia, Backenbärte, Bubiköpfe usw. Dann würden sich langsam Tendenzen herausbilden. Junge Studenten die wenig Geld haben, würden zum Beispiel auf Afros zurückgreifen und irgendwann würden diese Frisuren dann zur Identifizierung von Intellektuellen herangezogen werden. So würden alle sozialen Gruppen sich irgendwann anhand ihrer Haare voneinander unterscheiden können und jede Gruppe hätte ihre eigene Frisur. Die Friseure hätten mehr Beschäftigung, da nicht jeder seine Traumfrisur zu Hause selber machen kann und auch die Perückenmacher wären voll beschäftigt. Ein Frisurenhandel würde also die Wirtschaft stärken und die kulturelle Vielfalt fördern. Deshalb frage ich mich, warum nicht bereits irgendjemand anders auf diese Idee gekommen ist. Muss man denn erst putschen und mit Gewalt die Regierung absetzten, damit es in diesem Land haartechnisch endlich mal ein paar Innovationen gibt?!

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