Das Martyrium des Busfahrers

Kategorien: Benjamins Texte

Ludwig ist Busfahrer. Er fährt die Linie 303 bereits seit vielen Jahren und beherrscht sie im Schlaf. Im Schlaf? Ach was, er würde die Line 303 sogar noch fahren, wenn er tot wäre. Gerade steigt eine ältere Dame zu und fragt nach einem Ticket. Ludwig knurrt sie an, so dass die greise Frau erschrickt und sofort wieder aus dem Bus springt. Die übrigen Fahrgäste wissen, dass er ein Zombie ist und fühlen sich durch seinen Geruch und das Knurren nicht belästigt. Auch sie fahren beinahe jeden Tag mit dem Bus und beachten Ludwig wenig. So entgeht ihnen auch, dass er heimlich an Damenunterwäsche schnüffelt. Wo er diese herbekommt, weiß niemand so genau, aber er hat eine ganze Kiste davon, die neben seinen Füßen steht und darauf wartet, durchwühlt zu werden. Doch eines Tages wird die Geschäftsleitung auf ihn aufmerksam. Das liegt nicht etwa daran, dass er stinkt als ob ein toter Steinmarder im Lüftungsschachtschacht verrotten würde, nein, viele Busfahrer müffeln und man mag sich fragen, ob es vielleicht sogar ein Einstellungskriterium ist. Vielmehr liegt es daran, dass die Kiste die ganze Zeit auf der Kupplung gestanden hat und der Bus nun ein neues Getriebe braucht. Ludwig wird eine neue Linie zugeteilt bei der er sich prompt verfährt und in einem kleinen Städtchen in der Nähe von Wanne-Eickel, das weit ab von seiner Route liegt, in einer engen Gasse stecken bleibt.

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